Der heutige Gerichtsprozess gegen 4 A100-GegnerInnen wurde nach einer guten Stunde vertagt. Fortsetzungstermine sind der 26.10. und 11.11. Dann – beinahe zwei Jahre nach der Räumung der Baumbesetzung – sollen auch Zeugen gehört werden. Die Angeklagten haben die Zeugenvernehmung des damaligen Senators für Stadtentwicklung und heutigen Bürgermeisters Michael Müller beantragt. Er soll zu dem von seiner Behörde gestellten Strafantrag Stellung nehmen.
Etwa 30 Personen, darunter mehrere Pressevertreter und 2 Mitglieder des Abgeordnetenhauses, verfolgten den Prozess. In politischen Statements stellten mehrere der Angeklagten die Gründe für den Widerstand gegen die A100 dar. Sie charakterisierten den Ausbau der Stadtautobahn als ein Investitionsprogramm für Baufirmen und Automobilindustrie. Die Masse der Bevölkerung habe davon wenig, sondern müsse mit dem Verlust von Stadtgrün und Wohnraum, steigender Belastung durch Autoverkehr und einem unterfinanzierten, teuren öffentlichen Nahverkehr leben. Das Gerichtsverfahren sei ein politischer Prozess und Teil der Durchsetzung dieses Großprojekts. Verantwortlich für das Zustandekommen dieses Verfahren sei vor allem die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die in einer bewussten politischen Entscheidung nach wie vor ihren Strafantrag aufrechterhält.
Anschließend wurden von den Angeklagten zwei Beweisanträge gestellt. Der erste thematisierte die zahlreichen illegalen oder halblegalen Räumungs- und Baumfällungsversuche im Jahr 2013. Für die Angeklagten sei daher die Rechtslage bei der Räumung der Baumbesetzung alles andere als eindeutig gewesen.
Der zweite Antrag thematisierte einen Brief Michael Müllers an Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Darin verteidigt dieser den Strafantrag gegen die A100-GegnerInnen und verweist darauf, dieser sei nur gegen eine bestimmte Personengruppe denen bestimmte Vorwürfe gemacht werden, gestellt worden. Bei einem Blick auf den Strafantrag in den Gerichtsakten wird jedoch schnell klar, dass sämtliche von Müller gegenüber den Parlamentariern genannten Bedingungen und Beschränkungen frei erfunden sind. Es wurde daher seine Vernehmung als Zeuge beantragt, um zu klären, inwiefern er tatsächlich hinter dem in seinen Namen gestellten Strafantrag steht.
Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht diesem Antrag folgt, oder welche Gründe es sich einfallen lässt, ihn abzulehnen. Wünschenswert wäre ohnehin die Einstellung des Verfahren – sei es wegen Rücknahme des Strafantrags oder auf Initiative von Gericht und Staatsanwaltschaft. Bis dahin bleibt es bei dem Aufruf, auch die nächsten Verhandlungstage kritisch zu begleiten.